Dienstag, 1. Juli 2008

Lumbalpunktion - Das Muß zur exakten Diagnose?

Spätestens dann, wenn ein Mensch mit der Diagnose "Borreliose" zum Neurologen überwiesen wird, stellt sich die Frage einer Lumbalpunktion.
Mit einer Nadel mitten ins Nervensystem -mitten ins Leben also - gestochen zu werden, ist nicht jedermanns Sache. Macht Angst!
Das ich einer Lumbalpuktion eher ablehnend gegenüberstehe, ist meien Patienten bekannt. Dennoch gibt es Situationen, wo auch mir die LP zwingend erforderlich erscheint: ich denke hier nur an die diagnostische Unterscheidung zwischen Borreliose und Multipler Sklerose (MS).
Auf der anderen Seite wissen wir, daß - wenn die Lumbalpunktion zur Klärung einer neuronalen Beteiligung der Borreliose (ich sage bewusst nicht "Neuroborreliose") eingesetzt wird, die Ergiebigkeit (man streitet sich zwischen 20 und 40 Prozent) äußerst dürftig ist.
Sieht man dazu noch die Nebenwirkungen und Komplikationen, stellt sich schon einem die Frage, ob das denn unbedingt immer nötig ist.
Zumal die Diagnose "Neuroborreliose" uns doch laut der Richtlinien der Fachgesellschaften als eine reine Definitionsdiagnose erscheint: wenn die Lumbalpunktion ein positives Ergebnis erbringt, dann ist diese Borreliose (so die Fachgesellschaften) eine Neuroborreliose.
Ist dem aber in Wirklichkeit so?
Ich meine nein.
Ich sehe bei fast jeder Borreliose eine mehr oder weniger starke neurologische Komponente.
Und bringt die Lumbalpuntion nun eine erhebliche Klärung der Diagnose?
Ich meine nein.
Ausser, daß im positivem Befund die definierte Neuroborreliose diagnostiziert werden kann. Aber was bringt uns das, zeigt doch fast jede Borreliose eine mehr oder weniger ausgeprägte Neurologie?
So wird das Wort "Neuroborreliose" in meiner Praxis kaum benutzt. Und eine Empfehlung zur lumbalpunktion wird nur nach langem, kritischen Nachdenken gegeben.

2 Kommentare:

freaki hat gesagt…

Im Jahr 2004 hab ich die LP gleich drei mal über mich ergehen lassen müssen, da ich es damals leider noch nicht besser wusste.

Die erste war vielleicht wirklich angebracht, denn die verhalf mir überhaupt erst zur Diagnose Borreliose. Die zweite aber hatte ich direkt nach Beendigung der Antibiose und die dritte etwa 9 Monate später - die waren völlig nutzlos, da meine Borreliose ja schon uralt ist (erste eindeutig einer Borreliose zuzuordnende Symptome 1991).

Ich hab sie fast als Körperverletzung angesehen und werde mir auch ganz bestimmt keine mehr machen lassen.

Ob Neuroborreliose oder nicht - keine Ahnung, bevor es zur Diagnose kam bin ich jedenfalls als Notfall mit einer schweren psychotischen Störung (sprich Halluzinationen) in der Psychiatrie gelandet.

Ich denke schon, dass man da von einer Neuroborreliose reden kann, denn ich hatte zuvor so was noch nie - und danach, da ich sehr hinter rechtzeitiger AB-Behandlung her bin wenn ein Schub länger andauert, gottseidank auch nicht wieder.

Also mein Fazit ist, dass die LP für den A.... ist und die Kosten-Nutzen-Rechnung, sowohl finanziell als auch gesundheitlich gesehen, überhaupt nicht aufgeht.

Viele Grüße

Corinna

ClaudioTim hat gesagt…

Ich gebe Dir,Corinna, bei der Einschätzung der Lumbalpunktion in Deinem Falle vollkommen recht: von der zweiten und dritten Punktion hätte ich auch kaum noch therapeutische Konsequenzen erwartet.
Zur Neuroborreliose: diese Diagnose ist nach den Vorgaben der Fachgesellschaften definitionsgemäß mit dem positiven Ergebnis einer Lumbalpunktion belegt. Sicher aber hast Du eine Borreliose des Nervensystems.